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Akute Kreuzbandverletzungen – Wie erkennt man sie und wie wird man sportlich wieder fit?

Ein Interview mit Sportorthopäde und Sporttraumatologe PD Dr. med. Jonas Pogorzelski

Herr Dr. Pogorzelski, Kreuzbandverletzungen passieren gerade im Sport sehr oft.

 

Ein Interview mit Sportorthopäde und Sporttraumatologe PD Dr. med. Jonas Pogorzelski

Herr Dr. Pogorzelski, Kreuzbandverletzungen passieren gerade im Sport sehr oft. Was ist der häufigste Verletzungsmechanismus?

PD Dr. med. Jonas Pogorzelski „Das verdrehte Knie bzw. das Verdrehtrauma des Kniegelenkes ist grundsätzlich der häufigste Mechanismus von Kreuzbandverletzungen. Besonders gefährlich für das Kreuzband sind dabei Bewegungen, bei denen das Bein in leichter Beugung und X-Beinstellung ist und gleichzeitig der Oberschenkel gegen den Unterschenkel rotiert. Das passiert häufig bei abrupten Richtungswechseln im Sport, z.B. im Fußball, beim Skifahren, Handball oder Squash.“


Was sind typische Symptome, anhand derer ich selbst feststellen kann, dass es sich um eine Kreuzbandverletzung handelt?

“In der Regel hat man so ein subjektives Riss-Gefühl im Knie und das Kniegelenk schwillt an. Meistens ist das Knie dann innerhalb von Minuten so stark angeschwollen, dass man den Sport nicht mehr ausüben kann und ein dumpfer Knieschmerz stellt sich ein. Begleitend können auch Knorpel und Meniskus verletzt sein. Das führt dann zu einem typischen Blockade-Phänomen; das bedeutet, dass eine vollständige Kniestreckung nicht mehr möglich ist.”

Was soll man tun, wenn die Beschwerden auf eine Kreuzbandverletzung hinweisen?

“Am besten gehen Sie sofort nach dem sogenannten PECH-Schema vor. Das ist eine Abkürzung, sie steht für: 

  • Pause (Sport sofort unterbrechen),
  • Eis (zum Kühlen des Kniegelenkes),
  • Compression (Wickeln des Beines) und
  • Hochlagern des Beines zur Reduktion des Ergusses. 

Anschließend sollte eine rasche Vorstellung beim Facharzt für Orthopädie mit Schwerpunkt Sportorthopädie erfolgen. Gerade als sportlich Begeisterter oder aktiver Freizeitsportler sollten Sie sich bei einer akuten Kreuzbandverletzung oder auch bei einer anderen Sportverletzung von Anfang an in die Hände eines erfahrenen Sportorthopäden begeben. Je schneller die richtige Hilfe geleistet wird, umso erfolgreicher kann eine Behandlung sein und umso individueller kann sie auf Sie persönlich abgestimmt sein.”

Wie wird eine Kreuzbandverletzung ideal behandelt, damit ich einerseits meinen Sport zügig wieder ausüben kann und andererseits von einer nachhaltigen Behandlung profitiere?

“Neben möglicher Behandlungsoptionen bei einer Kreuzbandruptur (Kreuzbandriss) ist es wichtig, sich das Aktivitätsniveau und die persönlichen Bedürfnisse des Patienten und Sportlers genau anzuschauen. Trotz aller gängigen Vorgehensweisen muss immer im Einzelfall entschieden werden und dem Patienten die für ihn beste Option empfohlen werden. In diesem Zusammenhang sind auch mögliche Begleitverletzungen zu berücksichtigen. 

Prinzipiell kann man sagen, dass für sportlich aktive Patienten eine operative Versorgung häufig am besten geeignet ist. Das bedeutet, dass aus einer körpereigenen Sehne ein neues Kreuzband konstruiert und implantiert wird (Kreuzbandplastik). Insbesondere wenn noch Begleitverletzungen des Knorpels oder des Meniskus vorliegen, hat sich diese Vorgehensweise bewährt. Wie schon gesagt, kommt es immer auf den konkreten Einzelfall an, denn nicht längst jede Kreuzbandverletzung muss operiert werden und kann mittels Physiotherapie ohne Operation behandelt werden. Allerdings muss dann sehr genau darauf geachtet werden, dass sich keine chronische Kniegelenksinstabilität entwickelt, die über die Jahre den Knorpel und die Menisken massiv schädigen kann.”


Wie lange dauert die Heilung einer akuten Kreuzbandverletzung?

“Grundsätzlich ist es so, dass ein vorderes Kreuzband von alleine nur in Ausnahmefällen heilen kann. Deshalb ist in der Regel auch keine Naht des Kreuzbandes möglich, sondern nur der Ersatz mithilfe einer körpereigenen Sehne. Solche Operationen werden heutzutage sehr häufig durchgeführt, sie werden als Routineoperation bezeichnet. Trotzdem oder gerade deshalb muss eine penible Nachbehandlung eingehalten werden. Das heißt:

  • Direkt nach der Operation muss der Patient für 2 Wochen an Unterarmgehstützen laufen und darf das Bein nur bis 20 kg teilbelasten. 
  • Bei Begleitverletzungen, z.B. des Meniskus oder des Knorpels können es sogar bis zu 6 Wochen werden, in denen nur eine Teilbelastung möglich ist.
  • In dieser Zeit wird auch das tägliche Tragen einer Orthese verordnet. Das Üben mittels Physiotherapie beginnt bereits in den ersten 6 Wochen nach der OP. 
  • Anschließend können Schiene und Unterarmgehstützen weggelegt werden und der Kraftaufbau beginnt für weitere 6 Wochen. 
  • Nach insgesamt 3 Monaten können Non-Contact-Sportarten wie Laufen, Schwimmen und Radfahren wieder begonnen werden, Kontaktsportarten nach ca. 9 Monaten. 

Bei einer nicht operativen Therapie ist die Behandlung innerhalb der ersten 6 Wochen nach dem Kreuzband-Trauma, der oben genannten Abfolge sehr ähnlich. Bei stabilen Kniegelenk-Verhältnissen kann eventuell eine frühere Rückkehr zum Sport möglich sein. 

Eine konsequente und präzise Nachbehandlung sind immens wichtig, damit die Heilung möglichst nachhaltig ist und die Freude am Ausüben des Sports wieder “grenzenlos” sein kann. Sie sollten deshalb von Anfang an einen erfahrenen Sportorthopäden konsultieren.”


Herr Dr. Pogorzelski, warum haben Sie sich als Mediziner gerade für die Sportorthopädie entschieden?

“Als begeisterter Freizeitsportler habe ich häufig mit Verletzungen im Sport zu tun gehabt - bei mir selbst und natürlich auch in meinem Umfeld. Verletzten Sportlern helfen zu können ist für mich auch deshalb eine große Erfüllung. So war mir schnell klar, dass ich dieses Feld der Medizin vertiefen möchte. Seit 2015 war ich dann in der Abteilung für Sportorthopädie der TU München tätig und habe mich dort auf Sportverletzungen spezialisiert. 

In den Orthopädie- und Chirurgie-Praxen in Erlangen und Ebermannstadt bin ich seit Juli 2022 für die Abteilung Sportorthopädie zuständig. Auch dort ist die Bandbreite an Herausforderungen groß, und jede Sportverletzung ist häufig genauso individuell wie der dazugehörige Patient. Auch deshalb freue ich mich jeden Tag darauf, Freizeit- und Profisportler zu betreuen, gezielt zu behandeln und nachhaltig zu unterstützen.”

Herzlichen Dank für das Interview Herr Dr. Pogorzelski.